DAS KEMPTENER STADTMAGAZIN

Ultraläufer möchte drei Tage und Nächte durchlaufen

10 Marathons am Stück 

Ist das möglich? Ist das menschlich? Hassan Bahjat findet es eigentlich selber „unmenschlich“. Und doch wird er den Versuch wagen: Drei Tage und Nächte durchlaufen möchte er, von Kempten nach Frankfurt, ohne Pause. Und dabei 420 Kilometer zurücklegen – das wäre ein Weltrekord.

Dass Hassan extrem durchtrainiert aussieht, überrascht nicht: Seit zehn Jahren macht er kaum etwas anderes als Laufen. Und natürlich arbeiten, bei der Firma Adapa in St. Mang. Doch auch an einem normalen Arbeitstag legt er als Feierabend-Runde im Schnitt 50 bis 70 Kilometer zurück. Woher nimmt er die Kraft und Ausdauer?

„Das ist mentale Stärke“, sagt Hassan. „und hat nichts mit materiellen Dingen wie Laufschuhen, Klamotten oder sonstiger Ausrüstung zu tun. Man muss im Kopf richtig trainieren.“ Angetrieben wird der 42-Jährige, der seit 2003 in Kempten wohnt, von seiner eigenen Geschichte: Gegen Ende der Coronazeit erkrankte er schwer, eine Herzmuskelentzündung nahm ihm alles, was bis dahin wichtig für ihn war, vor allem den Laufsport. „Bis zu dem Zeitpunkt bin ich 30 Stunden lang ohne Pause gelaufen. Plötzlich konnte ich nicht mal mehr vom Wohnzimmer bis in die Küche gehen – das muss man sich mal vorstellen!“ 

 


Von Kempten nach Rom in 10 Tagen

Doch er wurde wieder gesund, beobachtet seitdem seinen Körper noch genauer, weiß, was er wann essen sollte, um im richtigen Moment leistungsfähig zu sein und hat vor allem an seiner Art zu Laufen gearbeitet: Er läuft sehr bewusst, am liebsten in der Natur und ohne Musik im Ohr, nimmt die Umgebung wahr, lässt gute Gedanken zu und kennt sich sehr genau: Die ersten zehn Kilometer schmerzen, dann wird es immer leichter. Und irgendwann ist Laufen Freiheit und keine Qual. 

Außerdem setzt Hassan sich große Ziele: Im August beschloss er von Kempten nach Rom zu laufen, zehn Tage, 100 Kilometer am Tag. Und schaffte es problemlos. „Die Landschaft war wunderschön, vor allem in der Toskana“, berichtet er. „An einem Tag ging bei Kilometer 110 gerade die Sonne unter – das hat mir so viel Energie gegeben, dass ich mich gefühlt habe als würde ich erst zehn Minuten laufen.“

 

400 Kilometer nonstop

Anfang Oktober folgte die nächste unglaubliche Aktion: Hassan Bahjat absolvierte 400 Kilometer nonstop auf einem Laufband. Die gesamte Zeit über war er live auf TikTok zu sehen, begleitet von mehr als 236.000 Menschen, die ihn Tag und Nacht anfeuerten. „Ich wollte meinen Körper testen und zeigen, was mental möglich ist. Ziel war es meine Grenzen kennenlernen – und irgendwann habe ich gemerkt, dass es schwerer wird. Draußen in der Natur ist das etwas anderes, aber im Studio ist es wirklich hart. Doch ich habe gezeigt, was geht. Irgendwann haben mich Tausende gebeten aufzuhören, und ich habe auf sie gehört.“

Hassan lief dabei für einen guten Zweck – um Spenden für herzkranke Kinder zu sammeln und um Menschen zu motivieren, über sich hinauszuwachsen. „Mein größtes Ziel ist es, Leute dazu zu bringen, auch in schwierigen Situationen wieder aufzustehen, weiterzumachen, die eigenen Träume nicht aufzugeben und stärker zu werden. Auf diesem Weg war die Laufband-Geschichte nur ein Vorgeschmack. Die nächste große Herausforderung: „Ich möchte jetzt einen Weltrekord aufstellen: 10 echte Marathons am Stück laufen, an der frischen Luft, bei Wind und Wetter. Das sind 420 Kilometer! Sieben ohne Pause habe ich bereits geschafft, deshalb denke ich, dass auch zehn Marathons möglich sind und zweieinhalb bis drei Tage und Nächte dauern werden, je nach Verfassung und Witterung.“ Sein Ziel ist Frankfurt, los geht es vermutlich im November – wenn das Wetter mitspielt. Wenn nicht, wiederholt er eben erstmal die Laufband-Aktion. 

Und Hassan hört nicht auf zu planen. Zwischen Weihnachten und Silvester will der Extremsportler nach Paris laufen, und danach in viele weitere europäische Hauptstädte. Bisher ist er immer in Kempten gestartet. Ob er es von hier aus auch bis Lissabon, Athen oder Helsinki schafft? Die meisten würden sagen: auf keinen Fall. Aber bei Hassan Bahjat scheint alles möglich…

 

Wer Hassan folgen will: @hassan.ultrarun